
Gastronomie ist keine Zuckerwatte
Haltungsschäden, unregelmäßigem Schlaf, Rückenschmerzen, unsoziale Arbeitszeiten, bealstender Arbeitsdruck - keine bleibenden Schäden sind schon lange nicht mehr von Interesse - das verhindern der Schicht mit Todesfolge ist alleiniges Ziel. (Lautes Lachen hier)
Nein - das wird der Sache so gar nicht gerecht. Die Sache - ist die Gastronomie. Eine Meditation über sie ist zu Pandemie-Zeiten, da sie uns zeitweise entzogen wird, unausweichlich. Aus der Perspektive des Gastes ist diese Meditation genauso naheliegend wie für uns Gastronomen. Es ist eine Branche mit einem weiten, weiten Gelände, mit vielen, vielen Bewohnern in vielen schillernden Behausungen mit genauso viel schillernden Weisheiten und Überzeugungen, in die sich die charmanten Bewohner eingerichtet haben mit all ihren exotischen Persönlichkeiten, ihrer Würde und Solidarität, ihren Konkurrenzkämpfen, Lobliedern und Lästereien. Da nun die Pandemie uns Gastronomen ein Holz vor die Tür hämmert GESCHLOSSEN, ist ein von allen angestimmtes Liebeslied die sehnsüchtig geträumte Antwort. Denn ein genauer Blick auf die von ihrer Arbeit abgeschnittenen Bewohner ist lohnenswert. Er gibt den Blick frei hinter deren oft zurechtgelegten, leicht demütigen Charakterzug, der unserer Branche oft abverlangt wird. Der viel zitierte Satz „Wer nix wird, wird Wirt.“ zeigt gut den gesellschaftlichen Stand einer ganzen Branche - und ja, es gibt gelobte, besser angesehene Ausnahmen. Machen wir uns nichts vor - es sind Ausnahmen! Und nein - wir sind nicht die Dahergelaufenen, Gescheiterten und Verantwortungslosen. Unsere Lebensweise, unsere Fähigkeiten und unsere Empfindlichkeiten sind der fein ziselierte Stoff, aus dem das Genusserlebnis sich fast unmerklich und mühelos entfaltet. Jener wache und zugleich entspannte Bewusstseinszustand des Flow ist das gemeinsame Glücksfinale in der kurzfristigen Ménage à trois zwischen Gast, Kellner*in und Köch*in. Und das schöne dabei ist, dieser finale Glücksmoment ist wiederholbar und gar nicht exklusiv. Diese aussichtsreiche, funkelnde Polyamorie - wir vermissen sie unglaublich!
Ach ja - Zuckerwatte gibt's in der Gastronomie und natürlich scheint immer die Sonne.
Gebackene Feige mit Ziegenfrischkäse-Parfait und Portwein-Reduktion
Zutaten für eine 6 Personen
Gebackene Feigen
6 frische Feigen
6 EL Waldhonig (oder einen anderen kräftigen Honig)
6 EL geröstete und gehackte Walnüsse
Portwein-Reduktion
500 ml Portwein
400 ml Rotwein
1 Rote Zwiebel (in kleine Würfel geschnitten)
3 Stk Sternanis
3 Blätter Lorbeer
2 Zimtstangen
1 EL Wachholderbeeren (leicht angemörsert)
1 TL Schwarze Pfefferkörner
1 EL Butter
50 gr Zartbitter Schokolade (85% Kakaoanteil)
Salz, Pfeffer, Honig zum Abschmecken
Ziegenkäse-Parfait
6 Eigelbe
100 gr Waldhonig
1 Beutel gemahlene Gelatine
100 gr Ziegenfrischkäse
300 gr Schlagsahne
2cl Kirschwasser oder Grappa
Das Parfait bereitet ihr am Besten am Vortag vor
Eier trennen
Eiweiß mit 1 Prise Salz zu hübschem Eischnee steif schlagen
Eigelb mit Honig über heißem Wasserbad hell und extra cremig aufschlagen
Gelatine in 6 EL Wasser verrühren und etwa 5min quellen lassen
Sahne steif schlagen und mit Ziegenkäse mischen
Eigelbschaum unter Sahne-Ziegenkäsemischung heben
Kirschwasser unterheben
Eischnee unterheben
Von der Ei-Sahne-Ziegenkäse-Masse nehmt ihr 2 EL und mischt sie mit der Gelatin
Dann hebt ihr die Gelatinemischung unter die östliche Masse
Die Schüssel mit der Masse kalt stellen.
Portwein-Reduktion
Rote Zwiebelwürfel in der Butter anschwitzen
Alle Gewürze dazu geben und kurz mit anschwitzen, bis die Gewürze beginnen, zu duften
Mit Rotwein und Rotwein ablöschen
Das Ganze nun einkochen lassen auf etwa 300 ml
Dann durch ein Sieb passieren und die Zartbitterschokolade rührend im heißen Sud auflösen
Mit Salz und Pfeffer abschmecken
Wenn euch der Sud zu säuerlich schmeckt, dann könnt ihr mit etwas Honig nachsüßen. Vergesst dabei jedoch nicht, dass die Feige und das Ziegenkäse-Parfait die Süße zum Ganzen beisteuert.
Während die Reduktion köchelt, bereitet ihr die Feigen vor. Dafür wascht ihr sie vorsichtig ab, trocknet sie und schneidet dann vom Stielansatz her kreuzweise ein. Danach fächern sie sich leicht auf. Setzt die Feigen aufs Backblech und träufelt vom Honig in die Feige hinein. Ein Tröpfchen Kirschwasser oder Grippe könnt ihr auch hinein träufeln - muss aber nicht. Das ganze braucht nur 5 min bei 200°C - kurz vorm Servieren in den Ofen schieben.
Anrichten: Portwein-Reduktion auf den Teller streichen (wir nehmen einen Silikon-Backpinsel dazu), Ziegenkäse-Parfait mit 2 Löffeln ausstechen und auf der Reduktion platzieren. Dann kommt die Feige dazu und die gerösteten Walnüsse zur Garnitur darüber. Wenn ihr habt, dann dekoriert noch mit Sprossen, Feldsalat oder was immer ihr zur Hand habt und was Eurem Auge gefällt.
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